Es ist Tag des Artenschutzes: 3. März. Das ist wahrlich ein schöner Gedenktag.
Die Krise der Artenvielfalt wird als Zwillingskrise der Klimakrise bezeichnet. Beeindruckend hat dies Lama Elhatow in einem Artikel in der unabhängigen Zeitschrift ‚Caymans‘ dargestellt auf einem Comicbild mit 4 aufeinanderfolgenden Wellen. Eine erste kleine Welle mit der Aufschrift ‚Covid 19‘, eine dreimal so große mit der Aufschrift ‚Recession‘. Danach baut sich eine nochmal größere Flutwelle mit dem Titel ‚Climate change‘ und als letztes folgt eine ca. achtmal so große Welle verglichen mit der ersten mit dem Namen ‚Biodiversity collapse‘.
Das ist ein einprägsames Bild, v.a. da die Menschen im Angesicht der ersten Welle beschließen, dass sie jetzt ihre Hände waschen sollten und alles gut würde.
Mit der Artenvielfalt ist es in der Tat wohl schlechter bestellt, als es in viele Ohren, Augen oder Infokanäle eindringt. Bis zu eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht, viele davon bereits in den nächsten Jahrzehnten. Das Artensterben schreitet heute deutlich schneller voran (zehn- bis einhundertmal höher) als im Durchschnitt in den letzten 10 Millionen Jahren. Die Aichi-Biodiversitätsziele der CBD (Convention on Biological Diversity = globales Übereinkommen über die biologische Vielfalt), die bis 2020 terminiert waren, wurden deutlich verfehlt[1].
Umso wichtiger wird Artenschutz, den der heutige Tag des Artenschutzes unterstützt.
Auf internationaler Ebene haben die Verhandlungen für neue Abkommen zum Artenschutz mit der Corona-Pandemie pausiert – im Herbst 2020 sollten sich die Mitgliedsstaaten im chinesischen Kunming versammeln. Nun ist der Termin vage auf Ende März diesen Jahres verschoben. Die Biodiversitätskonvention zielt darauf ab, die biologische Vielfalt zu erhalten, eine nachhaltige Nutzung zu regeln und die Gewinne aus dieser Nutzung gerecht zu verteilen. Zu den konkreten Zielen gehört z.B. das nachhaltige Management von Landwirtschaft, Aquakulturen und der globalen Wälder als auch, dass wirtschaftliche Anreize, wie z.B. Subventionen, die schädlich sind für die Biodiversität, abgeschafft werden müssen[2].
Im Raum der Verhandlungen steht oft die Zahl 30 – 30 Prozent der Erde sollen geschützt werden. In Deutschland bieten sich dafür v.a. extensiv genutzte Kulturlandschaften an wie z.B. Weide- und Heidelandschaften als auch Auengebiete. Vollkommen wilde Gebiete hat Deutschland kaum noch zu bieten, aber die genannten können eine hohe Artenvielfalt aufweisen. „Auen bieten eine Vielzahl von mosaikartig verzahnten Lebensräumen und beherbergen deshalb eine faszinierende Artenvielfalt von fast tropischem Ausmaß.“[3], heißt es beim WWF. Sie bieten daher ein große funktionale Vielfalt, Nischen und sind Kinderstuben von Fisch- und Amphibienarten. Weidelandschaften sind halboffene Landschaft, in denen meist durch die offene Haltung von z.B. Robustrindern wie Galloways eine besondere Landschaft geschaffen wird, die auch anderen Arten nützt wie z.B. der Schlehe, geschützten Pfingstrosenarten und dem Blatthornkäfer, der im Kot der Weidetiere lebt.

Heidelandschaften sind karge Böden, die sich von Sommer bis Herbst in ein lila Paradies verwandeln: blühendes Heidekraut. An diese Vegetation angepasste Schaf- und Rinderrassen als auch weitere Tier- und Pflanzenarten sind mittlerweile vom Aussterben bedroht, sodass dieser Lebensraum sehr schützenswert ist.

Sowohl die Maßnahmen, die umgesetzt werden, sind essentiell wie z.B. die Schutzmaßnahmen des Bodenbrüters Kiebitz, dessen Population innerhalb der letzten 20 Jahre drastisch abgenommen hat und der mittlerweile zu den streng geschützten Arten gehört[4]. Gleichzeitig ist die Vermittlung der Bedeutung und Schönheit der Artenvielfalt wichtig, um allen Bevölkerungsschichten zu zeigen, dass sie einen Beitrag leisten können.
So können naturbelassene Hecken aus Mischgehölzen vielen verschiedenen Insekten-, Käfer-, Vogel-, aber auch unterschlupfsuchenden Säugetieren eine Heimat bieten als auch Nahrung liefern für Mensch und Tier wie z.B. die Kornelkirsche im Heckenschnitt.
Totholzhecken oder –haufen bieten Brut- und Vermehrungsmöglichkeiten für Insekten, Amphibien, Reptilien, Spinnen, aber auch Vögel, Fledermäuse, Igel, Haselmäuse und weitere Tiere[5].

Eine Blumenwiese kann eine ganze Reihe von Wildpflanzen, nektarreiche ‚Tankstellen‘ für Insekten und bodenverbessernde heimische Arten ansiedeln[6].
Zudem brauchen wir Artenschutz und Artenvielfalt für unsere eigene Lebensgrundlage. Eine Vielfalt an Bestäubern kümmert sich um die Befruchtung unserer Obst- und Gemüsepflanzen und sorgt damit für eine reiche Ernte. Auch die Artenviel der Obst- und Gemüsesorten an sich erhaltens- und schützenwert, um ein vielfältiges, geschmackvolles Sortiment an Lebensmitteln zu erhalten wie z.B. die weiß-lila gestreifte ‚Antigua‘-Aubergine oder die samenfeste Möhre ‚Rodelika‘ mit dem intensiven Geschmack.

Schließlich sind artenreiche, vielfältige Ökosysteme robuster, um Störungen standhalten zu können, die in der Zukunft häufiger und/oder intensiver werden wie heftige Stürme, langanhaltende Hitze- und Dürreperioden und Starkregenereignisse. Ökosysteme, selbst wenn es ‚nur‘ der eigene Vorgarten ist, weisen neben einer größeren Anzahl auch mehr Querverbindungen und Wechselwirkungen zwischen diesen Arten auf, also eine höhere funktionale Diversität, so dass bei einer Störung eine Spezies auch mal eine andere ersetzen kann.
Artenreiche biologische Lebensräume sind damit sowohl ein Baustein des Natur- und Umweltschutzes als auch von Klimafolgenanpassung.
[1] https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/elemente/25136.html
[2] https://www.tausende-gaerten.de/so-gehts/naturnahe-lebensraeume/die-blumenwiese/
[3] https://www.wwf.de/themen-projekte/fluesse-seen/lebensraeume/auen/
[4] https://serviceportal.kreis-coesfeld.de/mitarbeitende/-/egov-bis-detail/dienstleistung/1115/show
[5] https://www.de-ipbes.de/de/Globales-IPBES-Assessment-zu-Biodiversitat-und-Okosystemleistungen-1934.html