Weltacker – Berlin-Pankow

Wieviel brauchen wir? Wieviel haben wir?

2000m2

Ich möchte hier von einem Projekt berichten in Berlin-Pankow. Ich hatte das Glück, es besuchen und 3 Workshops mitmachen zu können.

Ein Workshop drehte sich um den Weltacker an sich – was ist das für ein Projekt? Warum machen sie es?

Aufteilung der globalen Ackerfläche

Ein weiterer Mitmach-Workshop handelte über ein Flächenbuffet (ich weiß nicht – hört sich das lecker an? Wieviel Fläche esse ich gerade? Ich esse rohen Weizen? Mmmhh, komisch).

Und der letzte eher Vortrag ging über CrispRCas – unsere neue Genschere, von der jeder so ein bisschen was zu wissen scheint, aber auch nicht so richtig.

Zu dem 1. Workshop:

Was ist der Weltacker? Der Weltacker baut auf einer Fläche von 2000m2 exemplarisch auf kleinem Maßstab an, was wir weltweit auf der globalen Ackerfläche anbauen. Das heißt, es ist im Prinzip unser globales Ackerland im Kleinformat. Wieviel Mais, Zuckerrohr, Tabak, Weizen, Bananen, Äpfel, usw. wird global auf dem uns zur Verfügung stehenden Land angebaut und was machen wir damit?

Gleichzeitig sind es genau 2000m2, weil diese Fläche ausreicht, um eine Person zu versorgen. Mit Lebensmittel, mit Kleidung und mit Baumaterialien. Es ist natürlich interessant, welchen Maßstab man anlegt, weil NICHT der tägliche Bedarf an gefahrenen Autokilometern gedeckt werden kann oder der tägliche Konsum von Luxusgütern wie Kaffee, Lebensmittelfertigprodukten, Schokolade, neue technische Geräte usw., sondern die Basics! Aber dafür würde es reichen.

Und das Erstaunliche und Erfreuliche: eigentlich sehen 2000m2 relativ handhabbar aus. Nicht so überbordernd riesig, wie man sich vielleicht die Produktionsfläche für die eigenen Rohstoffe vorgestellt hätte.

An jeder Pflanze, die angebaut wird, steht ein kleines aufklärendes Schild, was einen darüber informiert, wo die Pflanze ursprünglich herkommt, wo sie heute vorwiegend angebaut wird und wofür sie benutzen.

Es gibt ein paar verwunderliche Infos, die mich aber nur ins Staunen gebracht habe wie z.B., dass global doppelt so viele Bananen angebaut werden wie Äpfel. Als in Deutschland lebende Apfelliebhaberin und zurzeit Hüterin einer Streuobstwiese, ist das ein bisschen unvorstellbar. Wenn man an die klimatischen Bedingungen und Essgewohnheiten anderer Teile der Welt denkt, aber natürlich durchaus einleuchtend. In afrikanischen Ländern gehört die Banane ja auch zu vielen Hauptgerichten direkt dazu: Afrikanischer Kochbananen-Champignonauflauf, afrikanische Bananensuppe mit Mais und Chili, …

Zu den erstaunlichen und schockierenden Infos gehörte für mich dazu, dass ich zwar wusste, dass wir (natürlich) viel, viel zu viel Mais zum Beispiel anbauen, um es unter anderem als Treibstoff zu verwenden, aber ich hatte die Dimensionen nicht vor Augen. 13% der globalen Ackerfläche sind mit Mais übersät, 60% wird verfüttert und 20% davon als Treibstoff verwendet. An dritter Stelle der Nutzung steht Fruktose-Sirup. Richtig als Mais wird von diesem Gemüse daher nicht viel verwendet. Ähnlich verhält es sich mit Raps und Zuckerrohr.

Mais in Kombi mit Kürbis und Bohnen – eine Pflanzengemeinschaft

Schön war dann zu hören, wie Mais auch permakulturisch, also in einer sich gegenseitig nützenden, ökologischen Pflanzengilde angebaut werden kann. Die Methode heißt ‚Milpa‘, wobei Mais mit den Kompanen Kürbis und Bohne angebaut wird. Die Bohne reichert den Boden als Leguminose mit Stickstoff an, den der Mais und der Kürbis verwenden können, ohne dass der Boden im Nachhinein stark ausgelaugt ist. Die Bohne freut sich über den Mais als Hochrankel-Hilfe und der Kürbis sorgt für die Bodenbedeckung, sorgt Erosion vor und alle Ausbreitungsmöglichkeiten, die ihm sonst immer fehlen.

Ist das nicht schön?

Zum Flächenbuffet. Das war ein schöner Workshop, wo wir ein bisschen mitmachen durften. Das Flächenbuffet zeigt in verschiedenen Holzumrandungen, wie groß die Fläche ist, um z.B. die Zutaten für eine morgendliche Müsli-Portion mit Hafermilch und Erdbeeren oder einfach ein Brötchen oder Spagetti Bolognese, usw. anzubauen. Die Zutaten werden in dem kleinen Rechteck auch tatsächlich angebaut und wir hatten die Aufgabe kleine Kärtchen mit dem Bild des Gerichts einer Fläche zuzuordnen. Da es schon recht herbstete, war es teilweise nicht ganz so einfach zu erkennen, welche Pflanzen sich uns emporreckten und die Unterschiede zwischen Müsli mit Hafermilch, Sojamilch und normaler Milch riefen dann doch recht angeregte Diskussionen hervor. Letztendlich standen wir dann doch alle richtig mit unseren Kärtchen und konnten nachvollziehen, warum bei der Spagetti Bolognese viel Soja auf dem Feld stand (Tierfutter für das Fleisch in dem Gericht) und das Spagetti Napoli-Feld nur halb so groß sein musste (kein Soja, weniger Energieverlust durch Verfütterung an Tiere, wir essen direkt den Weizen und die Tomaten).

Und man lernt auf dem Weltacker, dass wir jeden Tag in Berlin soviel Brot wegschmeißen, wie in Hannover gegessen wird. Und das CRISPRCas, unsere Genschere ganze Spezies ausrotten kann, wenn gerade die Keimzellen, die der Reproduktion dienen, transformiert werden.

Man lernt aber auch, dass Menschen auf anderen Kontinenten ganz anders essen. Und wie z.B. Erdnüsse wachsen, nämlich nicht als an Sträuchern hängende Samen oder Früchte, auch nicht (aber schon besser) als Wurzelknollen, sondern als Hülsenfrüchte, die tatsächlich unter der Erde gedeihen. Die Fruchtknoten wachsen in den Boden hinein und reifen dort, gehören aber nicht zu den Wurzeln, so wie es auf den Illustrationen immer aussieht. Sehr interessant.

Man lernt, dass der botanische Name der Sonnenblume ‚Helianthus‘ sich aus ‚helios‘ (griech.) zu Deutsch: Sonne und ‚anthus‘, dem Wort für Pflanze ableitet, was ziemlich logisch ist, aber trotzdem schön, weil einem ‚helios‘ noch oft im Leben begegnen wird (jedenfalls ging mir es so).

Helianthus – Sonnenblume

Es war ein wunderschönes September-Wochenende, an dem ich dieses schöne Projekt in Berlin so intensiv mit so vielen Infos erleben durfte, tolle Menschen dabei kennengelernt habe und soviel gelernt habe. Draußen in der Natur lernen mit Pflanzen, Lebendigem, was schön anzugucken ist, man anfassen und ggf. auch noch essen kann, fällt mir immer noch am leichtesten *lach*.

Foto-Quelle: C. Heybl vom Weltacker Berlin

Veröffentlicht von Christine Heybl

Ich habe zum Thema 'Klimagerechtigkeit' promoviert, Hauptfach Philosophie, Nebenfach Biologie. Ziel war es zum Thema Nachhaltigkeit, herauszuarbeiten, dass durch den Klimawandel Menschenrechtsverletzungen entstehen und wir daher die Verpflichtung haben, in allen Bereichen der Gesellschaft eine nachhaltige, ökologisch-vertretbare Lebensweise einzuführen, die die Menschenrechte aller Individuen sowohl heute als auch in Zukunft möglich macht und schützt. Ich bin sehr Nachhaltigkeitsthemen interessiert, zurzeit v.a. an nachhaltigem Konsum, organischer Landwirtschaft und Permakultur.

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