Corona und das heimatliche ‚office‘

Wussten Sie das ‚home office‘ im Englischen eigentlich etwas anderes bedeutet als Heimarbeitsplatz? Beziehungsweise mit dieser Bedeutung nur selten in Verbindung gebracht wird? ‚Home office‘ heißt übersetzt: Zentrale oder Hauptsitz, also z.B. ‚… der Firmen Hauptsitz ist in …‘.

Aber gut – hier in Deutschland machen wir ‚home office‘!

Jedenfalls sind einige meiner Freunde/Bekannte zu dieser seltsamen Zeit des Corona-Virus ‚zum goldenen Käfig verdammt‘ und dürfen/müssen zu arbeiten. Die langfristigen Bewertungen haben sich auf privater Ebene glücklicherweise als recht positiv herausgestellt, aber ich möchte hier auf einen anderen Aspekt eingehen.

In meinem vorherigen Text habe ich gezeigt, wie uns diese Corona-Zeit zurückholt auf ein menschlicheres Maß des Energie- und Ressourcenverbrauchs. Wir reisen weniger und verbrauchen daher weniger erdölbasierte Treibstoffe, wir können zurzeit keine aufwendigen Freizeitangebote nutzen, unser Leben wird dörflicher, bescheidener. Und wir verbrauchen auf einmal ungewollt weniger Treibhausgase.

Paradoxerweise führt unser momentaner Lebenswandel gleichzeitig dazu, dass wir mehr energiezehrende Technik verwenden müssen. Da ist das home office zurückzukommen. Die Berufe meiner Freunde beinhalten sowieso schon viel Zeit am Computer und anderen Geräten, nun werden auch die (noch teilweise) techniklosen Meetings und Konferenzen in Webinare und zoom-Meetings umgewandelt. Auch Schulen und Universitäten stellen zwangsweise auf online-Lehre um, was nicht ohne erhebliche Geburtswehen passiert.

Dies passt wiederum so gar nicht in unser neu entfachendes klimafreundliches Dorfleben – im Gegenteil. Wie damit umgehen?

Der Weg zurück – so gut wie keine Technik – wird mit Sicherheit in absehbarer Zukunft nicht möglich sein.

Auch vor Corona gab es Skype-Meeting, Webinare und online-Seminare über nationale Grenzen hinweg und das ist gut so. Die Ausweitung unserer Handlungsfolgen fordert eine internationale Kooperation und dabei auf technische Hilfsmittel zurückgreifen ist mit Sicherheit eine energiesparende und sinnvollere Methode als alle Beteiligten mithilfe von langen Reisen an einem Ort zusammen zu trommeln.

Ich würde dafür plädieren, unsere Technik so sinnvoll und vernünftig einzusetzen wie es nur geht. Mit Absicht habe ich das Wort ‚vernünftig‘ in diesem Zusammenhang gewählt. Wir haben nach Vernunftmaßstäben die kategorische Verpflichtung allen Menschen ein gutes Leben gemäß unserer Menschenrechte zu ermöglichen (Kant, I. (2008)). Dies tun wir nicht, indem wir unseren Energiekonsum und die damit einhergehenden Schäden so exzessiv aufrechterhalten wie es zurzeit passiert. Dadurch werden Naturzerstörung und damit auch Lebensraumzerstörung, Veränderungen ökologischer Prozesse, die für uns lebensnotwendig sind als auch soziale Ungerechtigkeiten hergerufen und verschärft.

Wir können in unserer Technikverflochtenheit und dem gleichzeitigem Effekt dieser nur dahin streben, diese so effizient wie möglich, nachhaltig[1] wie möglich und reduziert wie möglich einzusetzen. ‚Nachhaltig‘ bedeutet hier, dass der Energiebedarf aus erneuerbaren Energien gespeist wird.

Ich habe in dem sich dem Ende neigende Wintersemester eine Gruppe von Studierenden betreut, die sich mit dem Energieverbrauch einzig von Google beschäftigt haben. Ein Ergebnis war, dass eine Google-Anfrage so viel Strom verbraucht wie eine Energiesparlampe, die eine Stunde brennt (Ludwig/ Venegas/ Ludewig/ Semisch/ Wolff (2020) Projektbericht: „Inwieweit muss Google als IT-Großkonzern Verantwortung übernehmen für Klimaschäden?“, Leuphana Universität Lüneburg). Dies regt zum Nachdenken an.

Der Nutzen, den wir aus diesen seltsamen Corona-Zeiten mitnehmen könnten, könnte daher sein, dass wir uns gewahr werden, dass dieses dörfliche Leben uns aus einer menschlichen Perspektive viel gegeben hat/gibt/wird geben können. Wir bekommen die Möglichkeit, zu lernen, uns sowohl auf der menschlich-moralischen Ebene als auch im Hinblick auf Umwelt- und Klimaprobleme auf ein gutes Maß unseres Lebens einpendeln. Dies muss auch in unserer digitalisierten Welt stattfinden. Es sollte zu einem klugen, maßvollen Gebrauch führen, den wir uns ökologisch leisten können.

Veröffentlicht von Christine Heybl

Ich habe zum Thema 'Klimagerechtigkeit' promoviert, Hauptfach Philosophie, Nebenfach Biologie. Ziel war es zum Thema Nachhaltigkeit, herauszuarbeiten, dass durch den Klimawandel Menschenrechtsverletzungen entstehen und wir daher die Verpflichtung haben, in allen Bereichen der Gesellschaft eine nachhaltige, ökologisch-vertretbare Lebensweise einzuführen, die die Menschenrechte aller Individuen sowohl heute als auch in Zukunft möglich macht und schützt. Ich bin sehr Nachhaltigkeitsthemen interessiert, zurzeit v.a. an nachhaltigem Konsum, organischer Landwirtschaft und Permakultur.

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